BRASILIEN

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Geographie    Geschichte    Klima    Vegetation    Tierwelt    Landwirtschaft    Forstwirtschaft    Bergbau   Politik    Wirtschaft    Tourismus   Bevölkerung    Gesellschaft    Sprache    Bildung    Religion    Kultur     Karneval

Geographie  

Brasilien, das fünftgrößte Land der Erde, nimmt mit 8,5 Mio. qkm fast die Hälfte des südamerikanischen Kontinents ein. Ein Brasilianer, der von Amapá im Norden des Landes nach Uruguaiana im Süden des Landes reist, legt die gleiche Strecke zurück wie ein Norweger aus Hammerfest, der eine Oase am nördlichen Rand der Sahara besucht.
Der größte Teil Brasiliens liegt zwischen dem Äquator und dem südlichen Wendekreis - d.h. zwischen dem 5. nördlichen und dem 44. südlichen Breitengrad sowie dem 45. und 74. Längengrad.
Die Altantikküste ist etwa 7400 km lang.
Im Südosten Brasiliens ist das Bergland  - eine Art Mittelgebierge mit einzelnen Gebiergszügen - und im Nordwesten das Tiefland um den Amazonas anzutreffen.

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Geschichte

Die Frühgeschichte Brasiliens ist wenig erforscht, denn die Ureinwohner, brasilianische Indianer, hatten keine Schrift und bauten nicht mit Stein. Es gibt keine Tempel oder Städte wie von den Inka in den Anden oder den Maya in Mittelamerika. So kann nur vermutet werden, daß bei Ankunft der Portugiesen im Amazonasgebiet, an der Küste und an den Flüssen im Südwesten zwischen 3 und 30 Mio. Indianer lebten, zum Teil als Sammler, Fischer und Jäger ; andere nutzen den Regenwald agrarisch und bauten Maniok und Mais an. Man nimmt beispielsweise an, daß alle Paranußbäume im brasilianischen Regenwald von Indianern gepflanzt wurden.

Die ersten menschlichen Spuren reichen bis 43000 Jahre v. Chr. zurück : In Höhlen des Bundesstaates Piauí entdeckte man Feuerspuren aus dieser Zeit. Die ältesten übereste wurden an der Küste Bahias gefunden. Es sind Keramikschalen aus dem 9. Jh. v. Chr.

Pedro Vaz de Caminha heißt der erste Europäer, der Zeugnis gibt von den Indianern Brasiliens. Der Berichtererstatter des portugiesischen Königs ist mit einer Flotte Schiffen unter dem Kommando Pedro Alvares Cabrals unterwegs. Das Leben der Indianer erscheint ihm wie ein Paradies. Begünstigt durch das Klima, das Wärme und Nahrung gibt, leben die eingeborenen in einer Gesellschaft ohne Zwang zum Fortschritt.
Die Vertreibung aus dem Paradies beginnt im Frühjahr des Jahres 1500.
Am 22. April erreichen die Schiffe der portugiesischen Expedition die Küste Brasiliens. In der Nähe des heutigen Porto Seguro, des sicheren Hafens, im Süden Bahias gehen die Portugiesen an Land.

Das entdeckte Land ist für die Europäer eine Enttäuschung. Sie haben Gold gesucht, kein Paradies.
Das Papageienland, wie sie es zunächst nennen, bringt ihnen auch sonst nichts ein : keine Edelmetalle, keine Gewürze. Nur das Pau do Brasil, ein Holz, aus dem ein Saft gewonnen wird mit dem man Tuche rot färben kann und das dem Land später seinen Namen gibt, wird nach Portugal geschifft. Da Brasilien keine reichen Hochkulturen, keine Städte voller Schätze aufweisen kann, die erobert und geplündert werden könnten, ist Brasilien für die portugiesische Krone nicht sonderlich wichtig. König Johann III. teilt das Land in zwölf Lehnsgüter auf, die Privatleuten zu Entwicklung überlassen werden.

Die Kolonie wird erst interessant, als es einige Jahrzehnte nach der Entdeckung gelingt, dort Zuckerrohr anzubauen. Jetzt gibt es etwas, für das ein Bedarf besteht - Zucker, im Europa in jener Zeit wertvoll und teuer wie Gold.
1543 wird die erste Zuckermühle nach Brasilien gebracht. Im Norden entstehen an der Küste agrarische Großbetriebe, die bis heute gültige Landverteilung wird vorgezeigt.
Die Besitzer dieser Betriebe brauchen Arbeiter. Zunächst werden die Indianer versklavt und zur Arbeit auf den Plantagen gezwungen. Dagegen protestierten erfolgreich einzelne katholische Geistliche. Die Kirche will aus den Heiden Christen machen. Außerdem eigenen sich die ans Paradies gewöhnten Indios nicht für die stupide harte Arbeit. Sie sterben an den Krankheiten der Eroberer oder begehen Selbstmord.
Da Portugal nicht genug Arbeitskräfte stellen kann, werde Negersklaven aus den afrikanischen Kolonien Portugals nach Brasilien gebracht. Sie arbeiten gut und kosten zu Beginn des Sklavenhandels nicht viel. Für sie ist das Klima in Brasilien kein Problem. Die Kirche, die sich schützend vor die Indianer stellt unterstütz diese Politik. Schwarze sind nach Auffassung der katholischen Priester keine Menschen, weil sie keine unsterbliche Seele haben. Man schätzt, daß bis zur Abschaffung der Sklavenhandels 1850 drei bis fünf Millionen Menschen aus Afrika nach Brasilien verschleppt wurden. Eine ähnlich hohe Zahl von Afrikanern hat den Transport nicht überlebt.
Zur Gewinnung von Anbauflächen wird der Urwald brandgerodet. Wenn nach zwei, drei Ernten der Boden vom Zuckerrohr ausgelaugt ist, wird ein neues Stück Urwald abgebrannt. An Wiederaufforstung denkt schon damals niemand. Vom Ursprünglichen Atlantikwald, der die Küste von Norden bis Süden bedeckte, bleiben weniger als drei Prozent erhalten. Statt dessen entsteht der Sertao, die ausgetrocknete Armutszone des Nordostens, ein Gebiet viermal so groß wie Deutschland. Mit dem Anbau des Zuckerrohrs beginnt der zerstörerische Umgang mit der Natur, der bis heute anhält. Für die nächsten zwei Jahrhunderte ist Brasilien der größte Zuckerproduzent der Welt.

1549 wird in Salvador die erste zentrale Kolonialregierung installiert. Tomé de Sousa wird erster Generalgouverneur - nach ihm sind Straßen in fast jeder brasilianischen Stadt benannt.
Mit zunehmendem Reichtum wird Brasilien für die aufstrebenden Mächte Europas, Frankreich und Holland interessant. Mehrmals im 36. und 17. Jahrhundert versuchen sie sich in Brasilien festzusetzen. Den Holländern gelingt es von 1634 bis 1654, einen Großteil Nordbrasiliens zu besetzten.

Mitte des 17. Jahrhunderts verliert Brasilien sein Zuckermonopol an die Holländer und Franzosen, die auf ihren Plantagen in der Karibik mehr und billigeren Zucker produzieren. Doch in Brasilien folgt ein neuer Boom der Zeit des Zucker. Kurz vor 1700 stößt ein Trupp von Sklavenjägern, sogenannten bandeirantes, 400 Kilometer nördlich von Rio in einem Fluss auf Gold.

Mord und Totschlag, Aufstände, Republiken entflohener Sklaven, verlassene Zuckerrohrplantagen, Hungersnöten : Die Gier nach dem Gold, die Hoffnung auf schnellen Reichtum führen zu einer Völkerwanderung ins Gebiet der "Allgemeinen Minen", in den heutigen Bundesstaat Minas Gerais. Innerhalb kürzester Zeit entstehen reiche Städte mit Barockkirchen und Palästen, in denen ein Haus mehr kostete wie in Lissabon oder Paris. Immer wieder kommt es zu Versorgungsengpässen, weil niemand mehr Getreide oder Gemüse anbaut. Alles, was Hände hat, schürft Gold. Einem versklavten afrikanischen Stammeskönig gelang es dadurch sich und viele Gefährten freizukaufen.

Das wirtschaftliche Zentrum des Landes verlagert sich vom Norden in den Süden. Die Regierung zieht 1764 nach Rio de Janeiro um, das Hauptstadt der Kolonie wird. Der Großteil der Reichtümer bleiben aber nicht in Brasilien, sondern wird nach Europa verschifft. Viel von dem Gold gelangt nach England, von dem Portugal seine Waren bezieht. Die Engländer, die als Schutzmacht vor Spanien - von dem Portugal sechzig Jahre beherrscht worden war - immer größeren Einfluss in Portugal gewinnen, zwingen den Hof zu weitreichenden Zugeständnissen auf dem Gebiet der Handelspolitik. Während brasilianisches Gold die Industrialisierung Englands finanziert, wird die industrielle Entwicklung Portugals in seinen Kolonien blockiert : 3785 ordnet die portugiesische Königin auf Druck der Engländer an, brasilianische Webstühle und Spinnereien in Brand zu stecken. Alle Manufakturen in Brasilien werden verboten. Begründung : die Sorge um die Vernachlässigung der Landwirtschaft und des Bergbaus in der Kolonie. Tatsächlich wird die Arbeitsteilung zwischen Kolonie und Mutterland damit festgelegt : billige Rohstoffe aus den Kolonien gegen teure Fertigprodukte aus Europa. Nun kommt es zu den ersten Widerständen gegen die Ausbeutung.

Ende des 18. Jahrhunderts gibt es erste Unabhängigkeitsbestrebungen. Doch die Verschwörer werden verraten und ihr Anführer José da Silva Xavier wird nach schwerer Folterung 1793 hingerichtet.
Zur Abschreckung stellt man seinen Leib auf öffentlichen Plätzen zur Schau.

Napoleon gibt den Anstoß für eine Wende in der Entwicklung Brasiliens. 1807 besetzen seine Truppen Portugal. Der portugiesische König flieht mit seinem Hof nach Brasilien. Zwölf - bis fünfzehntausend Menschen werden nach Brasilien gebracht. Mit dem König kommen nicht nur Beamte und Diener, sondern auch Professoren, Künstler, Musiker und Architekten. Paläste werden gebaut, Akademien gegründet, der Botanische Garten wird angelegt. Aus der kleinen Kolonialstadt Rio de Janeiro wird eine Königsresidenz.

Um nicht mehr von den Engländern abhängig zu sein, soll jetzt möglichst schnell möglichst viel im Lande hergestellt werden. Der König braucht Geld : Das Manufakturverbot wird aufgehoben, Industrie und Gewerbe werden gefördert. Brasilien hat inzwischen mehr Einwohner als Portugal und wird 1835 ein Teil des Vereinten Königreiches von Portugal, Brasilien und Algarve. König Joao VI. kehrt 1833 nach Portugal zurück und setzt seinen Sohn Pedro als Kronprinzen und Statthalter ein.

Anfang des 19. Jahrhunderts ist ganz Südamerika dabei, sich in blutigen Kriegen von der spanischen Krone zu lösen. Nur Brasilien bleiben Bürgerkrieg und Chaos erspart. 1833 stimmt der Kronprinz, der den größten Teil seines Lebens in Brasilien verbracht hat, der Errichtung einer konstitutionellen Monarchie zu. Er ruft ein unabhängiges Kaiserreich in Brasilien aus und krönt sich zum Kaiser Pedro I.
Die Großgrundbesitzer sind die Macht im Staat. Nach innenpolitischen Mißerfolgen und einem verlorenen Krieg um Uruguay dankt er 1843 ab. Nachfolger wird sein fünfjähriger Sohn, der neun Jahre später für Mündig erklärt wird und als Pedro II gekrönt wird. Er schafft es das Land, das in den zehn kaiserlosen Jahren von einer Viehzahl von Aufständen erschüttert wird, zur Ruhe zu bringen.

Im Nordosten des Landes besteht die Gesellschaft aus zwei Klassen : Sklaven und Sklavenhaltern, Besitzlosen und Großgrundbesitzern, Schwarzen und Weißen. Im Süden und Südosten entsteht durch die Einwanderung von Europäern eine weiße Mittelschicht. 

Gegen Ende des 18. Jahrhundert ist das Schwemmgold in Minas Gerais erschöpft. Neue wirtschaftliche Impulse bekommt das land durch den Anbau von Kaffee. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ist Brasilien der größte Kaffeelieferant der Welt. Die ertragreichsten Anbaugebiete liegen um Sao Paulo. Das Geld der Kaffeebarone macht die Stadt zum ökonomischen Zentrum Brasiliens. Noch immer ist in Brasilien die Sklavenwirtschaft nicht abgeschafft und obwohl der Kaiser gegen die Sklaverei ist, setzt er es nicht durch.
Seine Tochter Isabell unterschreibt 1888, in seiner Abwesenheit, das "goldene Gesetz" zur Abschaffung der Sklaverei. Finanzminister Ruy Barbosa befiehlt, das alle Unterlagen zur Sklaverei verbrannt werden. Damit sollen Entschädigungen der Sklavenhalter umgangen werden. Die Sklaven werden zwar frei, doch das Land behalten die Großgrundbesitzer und somit alle Abhängigkeiten erhalten. Die soziale Verantwortung für Sklaven entfällt. Um alte und kranke brauchen sie sich nicht mehr kümmern. Arbeit gibt es nur auf den Plantagen - schlecht bezahlt. Was bleibt ist die Landflucht und die Hoffnung auf ein besseres Leben in den Städten.
Mit der Abschaffung der Sklaverei besiegelt die Prinzessin das Ende der Herrschaft ihrer Familie in Brasilien. 1889 wird der Kaiser von einer Koalition der Oligarchie und des Militärs abgesetzt und die Republik ausgerufen.

Die neuen Machthaber, an ihrer Spitze Marschall Deodoro de Fonseca, geben Brasilien 1893 eine Verfassung, die stark an die der Vereinigten Staaten angelehnt ist. Gegründet wird ein föderativer Bundesstaat, der von einem direkt gewählten Präsidenten geführt wird. Frauen und Analphabeten haben kein Wahlrecht. Ordem e Progresso, Ordnung und Fortschritt, ist der Leitspruch der neuen Zeit. Neben Kaffee bringt ein weiteres Produkt Reichtum in das Land : Kautschuk. 1849 gelingt es dem Erfinder Charles Goodyear, Kautschuk zu vulkanisieren und Gummi herzustellen. Schon 1850 werden Räder von Fahrzeugen mit Gummi überzogen.
Den Rohstoff Kautschuk, Saft des gleichnamigen Baumes, gibt es in den Wäldern des Amazonas. Nachdem Brasilien in einer Militärsaktion die bolivianische Provinz Arce, aus der der größte Teil des Kautschuks kommt, besetzt hatte, verfügt das Land über die größten Gummireserven der Welt. Zur Erhaltung des Monopols verbietet die Regierung bei Todesstrafe die Ausfuhr von Pflanzen und Samen des Kautschukbaumes. Der Kautschukexport macht 1930 - bei gleichzeitigem Kaffeeboom - fast die Hälfte der Exporterlöse Brasiliens aus.

Das ende des Booms kommt, als es dem Engländer Henry Wickham 1876 gelingt, Kautschuksamen, als Orchideensamen getarnt, aus Brasilien herauszuschmuggeln. Die britischen Plantagen in Malaysia sind bald ertragreicher als die brasilianischen. 1939 deckt Brasilien nur noch ein Achtel des Weltverbrauchs.

Vom Kautschuk profitieren nur die Reichen. Die mächtigen Familien der Oberschicht, die ihre Macht aus dem Kaiserreich in die Republik hinüberretten konnten, teilen sich Staatsposten und Staatsvermögen. Korruption hält Einzug in alle Bereiche des Staates. Aufstände der Bevölkerung, vor allem im Nordosten, werden vom Militär mit großer Härte niedergeschlagen. Außenpolitisch hat seit Mitte des 19. Jahrhunderts der Einfluß der Nordamerikaner zugenommen. Ihr Ziel ist es, die Briten zurückzudrängen und die bestimmende Macht in ganz Lateinamerika zu werden. Statt Kanonen, wie in Mittelamerika, setzten sie großzügige Kredite ein, mit denen die Brasilianer nordamerikanische Waren kaufen. 

Die alte Republik funktioniert solange gut, wie Rohstoffe - vor allem Kaffe - genug Geld in das Land bringen. Erste Risse bekommt das System während des Ersten Weltkriegs, als die Europäer vorübergehend weniger Kaffe kaufen. Bis dahin war der Kaffeepreis stabil gehalten worden, indem überschüssige Ware in Depots lagerte, die von den Rothschilds finanziert wurden. Bei der jahrelangen Absatzflaute während des Ersten Weltkriegs bleiben die Depots wirkungslos. Der Kaffeepreis fällt. Das Ende der alten Republik kommt mit der Weltwirtschaftskrise 1939. Der Kaffeepreis stürzt  ins Bodenlose. Die kleine einheimische Industrie, die nach dem ersten Weltkrieg aufgebaut wurde, bricht zusammen. Niemand hat mehr Geld. Die Wiedersprüche einer veränderten Gesellschaft könne nicht mehr, wie bisher, unterdrückt werden.

Vargas, der wegen seiner geringen Körpergröße oft als südländischer Napoleon bezeichnet wird, stammt aus einer Großgrundbesitzerfamilie im Süden. Nach einer verlorenen Präsidentschaftswahl kommt er 1940 durch einen Putsch mit Hilfe des Militärs an die Macht. Basis seiner Regierung ist eine neue Konstellation verschiedener Kräfte: die unteren Ränge der Militärs, die städtischen Mittelschichten, die Industriellen und die Arbeiterschaft. Gemeinsam hat man das Ziel, die Herrschaft der Agraroligarchie zu brechen.
Die verschiedenen Interessengruppen werden durch Vergas' Idee einer nationalen Bewegung, den Getúlismo, zusammengehalten. Die unterstützenden Massen werden als Drückmittel zur Durchsetzung der Politik gegenüber den alten Machtgruppen benutzt. Direkten Einfluß auf die Politik haben sie nicht. Vergas will den Estado novo, den neuen Staat. Grundlage ist eine starke Zentralgewalt mit einer dirigistischen Wirtschaftspolitik. Ziel ist es eine, eine vom Ausland unabhängige nationale Industrie aufzubauen. Vargas schafft dich eine politische Machtbasis , indem er Industrielle und Arbeiter fördert. Er erläßt fortschrittliche Arbeitsschutzgesetze, führt sie 48-Stunden-Woche ein und ruft staatlich kontrollierte Gewerkschaften ins Leben. 
Auf Druck der USA und nachdem deutsche U - Boote brasilianische Schiffe angegriffen hatten, muß Vargas Abschied nehmen von seiner Sympathien für die Deutschen und Italiener. Ab 1943 kämpfen einige tausend Brasilianer an der Seite der Alliierten in Europa. Ende des Krieges verliert Vargas seine politische Basis. Die Arbeiter verlangen mehr als nur gelenkte Gewerkschaften. Die Mittelschichten wollen bürgerliche Freiheiten. Die Amerikaner nehmen ihm seine Nationalisierungspläne für Industrie und Bodenschätze übel. Als das Militär, seine wichtige Machtbasis, freie Wahlen fordert, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sie durchzuführen. Aus den Wahlen 1945 geht der amerikafreundliche General Eurico Gaspar Dutra als Sieger hervor.

1950 wird Vergas demokratisch zum Präsidenten gewählt. Er verstärkt die Nationalisierung der Wirtschaft noch : Er besteuert die Gewinne der ausländischen Unternehmen; US - Firmen dürfen nicht mehr ins Land. Er gründet die nationale Erdölgesellschaft Petrobras, die als einziges Unternehmen Erdöl fördern darf.
Für die Amerikaner im McCarthy-Warn sind das Zeichen einer kommunistischen Gefahr in ihrem Hinterhof Südamerika.
Das Zusammentreffen verschiedener Vorfälle führt zu seinem Ende. Ein Korruptionsskandal, in den Mitglieder seiner Regierung verwickelt sind, wird aufgedeckt,. Einer seiner Berater versucht, einen politischen Gegner zu erschießen. Die Wirtschaft steckt in der Krise. In Inflation steigt. Die Konsequenz für Vargas : Selbstmord und ein politisches Testament, das noch heute nachwirkt.

Juscelino Kubitschek, der nächste gewählte Präsident (1956 bis 1963), wird vor allem als der Erbauer Brasílias bekannt. Für den Arzt aus Minas Gerais, der in Brasilien nur JK genannt wird, ist der Bau der neuen Hauptstadt eine Möglichkeit, ein modernes Brasilien zu schaffen und die Wirtschaftskrise zu überwinden. Ausländische Investoren werden umworben. Die Autoindustrie soll zum Motor der Industrialisierung werden. VW, Mercedes-Benz und General Motors treten an, Brasiliens Märkte zu erobern.
In der Rekordzeit von vier Jahren steht Brasília, der Präsident weiht 1960 die neue Hauptstadt ein. Das Wachstum der Wirtschaft ist beeindruckend. Brasilien gibt sich der Euphorie eines dauerhaft scheinenden Fortschritts hin. Die Ernüchterung folgt bald. Es ging aufwärts in Brasilien aber nur für eine Minderheit - auf Kosten der Mehrheit. Der Bauunternehmer, dessen Firma die neue Hauptstadt baute, ist zum reichten Mann des Landes geworden. Die Korruption wächst schneller als das Bruttosozialprodukt. 

Janio Quadros, der Nachfolger Kubischeks, gewinnt die Wahl 1960 mit dem Symbol eines Besens, mit dem er die Korruption fortfegen will. Nach nur sieben Monaten im Amt gibt er auf und tritt zurück. Sein Stellvertreter Joao Goulart wird Präsident. Als Goulart Dekrete über die Enteignung von Großgrundbesitzern ankündigt, putscht im April 1964 das Militär. Die Vorbereitungen für diesen Putsch sind schon lange vorher angelaufen. Noch bevor Präsident Goulart das Land verlassen hat um ins Exil zu gehen, erkennen die USA die neue Militärregierung mit einem Glückwunschtelegramm an. Als Dank werden alle Dekrete des alten Präsidenten annulliert.

In Brasilien erscheint vielen das Eingreifen des Militär als Rettung vor dem Chaos. Man erwartet, daß sich das Militär nach der Beruhigung der Situation wieder in die Kasernen zurückzieht. Die Generäle aber haben andere Pläne. Mit dem ersten General-Präsidenten Alencar Castelo Branco (1964 bis 1967) beginnt ihre einundzwanzig Jahre dauernde Herrschaft.    
Für die Militärs ist der Putsch eine "Revolution", auf die sie sich schon lange vorbereitet haben. In ihren Akademien wurden Pläne ausgearbeitet, nach denen Brasilien zu Fortschritt und politischer Größe geführt werden soll - unter ihrer Aufsicht

Ab Ende der sechziger Jahre werden gigantische Großprojekte gestartet : der Bau der Transamazonica, der Straße durch die "grüne Hölle", die Lebensraum für die verarmten Siedler des Nordostens schaffen soll; die Errichtung des Itaipu - Staudammes, des größten Wasserkraftwerks der Welt; das Atomprogramm in Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik. Finanziert werden die Projekte durch Nordamerikanische und europäische Banken, Kredite fließen reichlich ins Land.
Die wirtschaftlichen Erfolge bis zum Ölschock 1974 scheinen den Diktatoren recht zu geben. Der dreimalige Gewinn der Fußballweltmeisterschaft stärkt ihre innenpolitische Position.

In Kombination mit einer geschickten Propaganda gelingt es den Generälen, ihre Gegner als Feinde des Vaterlandes abzustempeln. Ihr Motto Brasil - ama-o ou deixa-o, Brasilien - liebe oder verlasse es, zieht bei großen Teilen der Bevölkerung. Rund 35.000 Brasilianer verlassen aus politischen Gründen das Land.

Anfang der achtziger Jahre steigen Brasiliens Auslandsschulden auf über hundert Milliarden Dollar an. Die immer offensichtlicher werdenden Mißerfolge der Riesenprojekte und die Massenproteste der Bevölkerung zwingen den letzten Generals - Präsidenten Joao Batista Figueiredo (1979 bis 1984) die Wahl des zivilen Präsidenten zuzulassen
Der Preis für die Zustimmung der Militärs zur Wahl von Tancredo Neves ist die Zusicherung ihrer völligen Straffreiheit.
Neves, ein Altmeister der brasilianischen Politik, der unter Vargas und Goulart Minister war, proklamiert die Nova Republica. Die neue Republik hat einen schlechten Start - kurz vor seiner Vereidigung stirbt der 77jährige.
Dein Stellvertreter José Sarney, ein alter Parteigänger der Militärs tritt 1985 das Amt als erster Zivil-Präsident an.

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Klima

Nach Brasilen kann man das ganze Jahr über reisen. Durch die Lage auf der Südhalbkugel sind die Jahreszeiten in Brasilien spiegelbildlich zu unseren auf der Nordhalbkugel.
Das Land hat drei Klimazonen: einen tropischen Norden, eine subtropische Mitte und einen Süden mit spürbarem jahreszeitlichem Wechsel.
Mit Ausnahme des Südens, wo es im brasilianischen Winter einige Tage unter zehn Grad und weniger gibt, ist es im Land für einen Mitteleuropäer immer angenehm warm bis heiß.
Die Temperaturen liegen in Rio im Winter (Juli/August) nachts bei 18 - 30 Grad, was für die Einheimischen Grund genug ist, um über unmenschliche Kälte zu klagen.
Im Sommer klettert das Thermometer in der Stadt auf bis zu 50 Grad. Wer große Schwierigkeiten mit der Kombination von Hitze und Feuchtigkeit hat, sollte lieber nicht in den Sommermonaten (Dez.- Feb.) fahren.
An der Küste weht fast immer ein frischer Wind, der die Temperaturen erträglich macht.
Im Amazonasgebiet, nahe am Äquator, gibt es keinen jahreszeitlichen Temperaturwechsel, nur in der Regenzeit in der ersten Jahreshälfte. 

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Vegetation

In Brasilien lassen sich drei Vegetationsgebiete unterscheiden.
Das faszinierendste in der immergrüne tropische Regenwald im Amazonastiefland. Das noch größte Waldgebiet der Welt umfaßt flächenmäßig etwa die Hälfte des brasilianischen Staatsgebietes.
Besonders charakteristisch ist die Vielfalt der Bäume (etwa 30.000 Arten).
Mit ihren Kronen bilden sie verschiedene Stockwerke, das höchste in etwa 50m Höhe.
Die Regenwaldflora und -fauna zählt global zu den artreichsten, doch sind die Lebensräume sehr klein bzw. eng begrenzt. Holzt man z.B. eine Baumart aus, würden zusammengenommen Hunderte von Tieren (vor allem Insekten) und Pflanzen ihre "ökologische Nische" verlieren.

Das brasilianische Bergland weist Wälder, Grasfluren und Strauchsteppen auf. Der Staat Mato Grosso, der zu einem großen Teil von Bergland eingenommen wird, ist trotz seines Namens, der "dichtes Gehölz" bedeutet, vorwiegend Savanne. 

Die dritte Vegetationszone wird von den küstennahen Gebieten Brasilianischen Berglandes gebildet. Sie umfaßt einen wesentlichen Teil der Nordostregion, einen verhältnismäßig schmalen Streifen Ostregion und fast die gesamte Südregion. In dieser Zone gibt es vor allem zwei auffallende Vegetationsgebiete.
Die erste ist die Gaatinga, die sich über die trockensten Gebiete im Nordosten Brasiliens erstreckt, insbesondere in den Staaten Ceará, Pernambuco und Bahia. Die Gaatinga weist in erster Linie trockenes Buschwachstum, Kakteen und Dornsträucher auf. In ihrem trockensten Teil, dem Sertao, wird sie zur Halbwüste, in der Fast nur Sukkulenten anzutreffen sind.
In der Südregion gab es früher riesige Araukarienwälder (sie sind fast ganz dem rücksichtslosen Holzexports zum Opfer gefallen).
Dank einer energisch betreibenden Politik der Aufrüstung ist die Araukarie  in der Südregion wieder einzeln oder in leinen Gruppen anzutreffen. Die Araukarie prägt das Landschaftsbild in einer Weise, wie dies die Pinie in vielen Mittelmeerländern tut.

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Tierwelt

Tiergeographisch gehört Brasilien zur sogenannten neotropischen Region Süd- und Mittelamerikas.
Berühmt berüchtigt wurden die Piranhas des Amazonasgebietes. Einige der 30 Arten nehmen es sogar mit Alligatoren auf. Endemisch sind im Amazonastiefland der Zitteraal, der aalähnliche Lungenfisch und der 
Pirarucú (auch Arapaima), der mit bis zu 4m Länge der größte Süßwasserfisch ist. 
Ebenfalls eine Besonderheit : die Süßwasserdelphine und die Amazonas - Seekühe (Manati genannt).

Ungewöhnlich formenreich vertreten sind auch Kriechtier wie Alligatoren, Leguane und Schlangen. Letztere kommen in 300 Arten vor, deren größte mit 8m Länge die Anaconda ist.

Winzig klein, dafür um so giftiger sind Pfeilfrösche, mit deren Hautsekret die Indianer ihre Pfeilspitzen präparieren.

Der außerordentlichen Artenvielfalt der Vögel verdankt Südamerika die Bezeichnung "Vogelkontinent".
So finden sich in Brasilen die straußenähnlichen Nandus, zahllose Hühnervögel, unübersehbare Aasfresser und prächtig gefärbte Aras, großschnablige Tukane und schillernde Kolibris wieder.

Alle Rekorde - nach Anzahl und Artenreichtum - schlagen letztlich die Insekten. So wurden pro Baumart (!) mehr als 3000 Käferarten gezählt.

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Landwirtschaft

Obwohl der bewirtschaftete Teil des Landes lediglich 7,5 Prozent der Gesamtfläche umfasst, zählt Brasilien zu den wichtigsten Agrarländern. Etwa ein Viertel der Kaffeeproduktion der Welt wächst auf den Plantagen von São Paulo, Paraná, Espírito Santo und Minas Gerais. Wichtige Anbauprodukte sind ferner Zuckerrohr (dient nicht nur zur Gewinnung von Zuckerraffinade, sondern auch zur Herstellung von Alkohol und Benzin), Kidney-Bohnen, Kakao, Mais und Orangen, Sojabohnen, Tabak, Kartoffeln, Baumwolle, Reis, Weizen, Maniok und Bananen.

Viehzucht wird insbesondere in São Paulo und den anderen südlichen Staaten betrieben. Gezüchtet werden Rinder, Schweine, Hühner, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Maultiere und Ochsen.

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Forstwirtschaft

Die Waldgebiete bedecken etwa zwei Drittel der Fläche. Die wichtigsten Erzeugnisse der brasilianischen Forstwirtschaft sind Tungöle, Kautschuk, Karnauba-Wachs, Caroa-Fasern, medizinisch verwertbare Blätter, Pflanzenöle, Harze, Nüsse sowie Bau- und Möbelhölzer. Von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung sind auch die Nutzhölzer Paranàpinie und grüner Pfefferbaum. Der Holzeinschlag nahm in den siebziger und achtziger Jahren drastisch zu, weil immer mehr Waldgebiete für die Besiedlung gerodet wurden.

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Bergbau

Brasilien ist sehr reich an mineralischen Bodenschätzen, wegen mangelhafter Kapitalausstattung und schwieriger Transportbedingungen konnte jedoch erst in den siebziger Jahren mit dem industriellen Abbau begonnen werden. Kohle wird u. a. in Rio Grande do Sul und Santa Catarina gefördert. Die Goldgewinnung im Urwald des Amazonas hält seit 1979 unvermindert an, die Eisenvorkommen bei Itabira und an anderen Orten zählen zu den reichsten der Erde, ebenso wie die Zinnvorkommen. Quarzkristall, Monazit und Beryllium gehören ebenfalls zu den wichtigsten Exportgütern. Mangan, Industriediamanten, Chrom, Zirkonium, Rohöl, Erdgas, Silber, Bauxit und Glimmer werden in beträchtlichen Mengen gefördert. Darüber hinaus verfügt Brasilien über wertvolle Vorkommen an Magnesit, Graphit, Titan, Kupfer, Zink, Quecksilber, Platin und Phosphaten, welche jedoch nicht in größerem Umfang abgebaut werden.

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Politik

In dem liberaleren politischen Klima der achtziger Jahre entstanden drei Dutzend neue politische Parteien, darunter die regierungsfreundliche Partido do Movimento Democrático Brasileiro und die Partido da Frente Liberal sowie die Oppositionsparteien Partido Democrático Social und die Partido Socialista Brasileiro (3993 umbenannte, ehemalige Kommunistische Partei Brasiliens). Seit Ende der achtziger Jahre hat sich die linksgerichtete, gewerkschaftsnahe Partido dos Trabalhadores (PT) zur wichtigsten politischen Kraft entwickelt, wenngleich sie bisher keine überregionalen Wahlen gewinnen konnte.

Verteidigung

Ein Militärdienst von zwölf bis 18 Monaten ist für alle Männer im Alter zwischen 18 und 45 Jahren Pflicht. Anfang der neunziger Jahre waren 396 700 Personen beim Militär beschäftigt. Davon dienten 396 000 in der Armee, 50 000 in der Marine und 50 700 in der Luftwaffe.

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Wirtschaft

Die ehemalige Agrarnation entfaltete in den sechziger und siebziger Jahren ein rasantes industrielles Wachstum und hatte sich bereits in den achtziger Jahren zu einer modernen diversifizierten Volkswirtschaft weiterentwickelt.

Die Arbeitsbevölkerung Brasiliens beläuft sich auf 55,4 Millionen Personen, wobei Frauen etwa ein Drittel der Arbeitskräfte stellen. 15 Prozent sind in der Landwirtschaft beschäftigt, 51 Prozent im Dienstleistungsbereich und 34 Prozent in Industrie und Bauwesen.

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Tourismus

Fluch oder Segen ? Ist es ein Fluch , daß jährlich Hunderttausende von Touristen aus aller Welt  Rio besuchen, um den Karneval mitzufeiern ? Das die Ausländer, die betuchten cariocas und Inland - Touristen das Volk von den Tribünen des Sambodromo verdrängt haben ? Es ist von übel, aber nicht nur : Für die Stadt ist es auch ein Segen, da der Tourismus zur wichtigsten Einnahmequelle der heruntergewirtschafteten Metropole geworden sind.
Auch den escolas de samba kommt der internationale Tourismus - Rummel finanziell zugute. Aber den Charakter eines echten Volksfestes hat der Karneval, zumindest in Rio, längst eingebüßt : die Karnevalsvereine sind zu Show - Fabriken avanciert, mitgetragen und beraten von renommierten Designern, Anwälten, Verwaltern usw. Medienwirksam und einheimischen Touristen zuliebe schmücken die Schauspieler der telenovelas die Festwagen.
Entschieden mehr Fluch als Segen ist der Tourismus in ökologisch gefährdeten Gegenden wie dem Naturparadies Pantanal : Unzählige Schiffsfahrten und Angler - Expeditionen auf den Flüssen, gecharterte Jeep - Touren quer durch Vogelbrutgebiete, Übernachtungen in ausgebauten Gutshäusern - dieser unkontrollierte, "unsanfte" Reise - Boom, vor allem von Inland -Touristen, bedroht die extrem gefährdete Tier- und Pflanzenwelt  noch zusätzlich.
Zu einem großen, kaum wegzudiskutierenden Problem aber ist der Sextourismus geworden.

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Bevölkerung

Etwa 31 Prozent der brasilianischen Bevölkerung sind Mulatten. Die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe bilden Personen portugiesischer Abstammung (15 Prozent), gefolgt von Mestizen (13 Prozent), Italienern (13 Prozent), Schwarzafrikanern (18 Prozent) und Spaniern (10 Prozent). Die restliche Bevölkerung setzt sich aus Deutschen, Japanern und den Nachfahren der präkolumbianischen Bewohner zusammen. 1994 betrug die Einwohnerzahl 356 664 334. Dies entspricht einer Bevölkerungsdichte von rund 18 Personen pro Quadratkilometer. Etwa 75 Prozent der brasilianischen Bevölkerung leben in den städtischen Ballungsgebieten.

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Gesellschaft

Die brasilianische Gesellschaft ist ein unendlich vielfältiger Komplex unterschiedlicher sozialer, ethnischer, kultureller, religiöser, regionaler und politischer Gruppen.
Sie umfaßt z.B. die "internationale" Oberschicht von Rio de Janeiro, die teilweise im und vom Urwald lebenden Indianerstämme im Amazonasgebiet, die kleinbürgerlichen Einwandererkolonien in Südbrasilien (u.a. Italiener, Japaner, Deutsche), die traditionellen ländlichen Großgrundbesitzer, die von vielen afrikanischen Reminiszenzen geprägte Bevölkerung von Bahia, die bitterarmen Landarbeiter, die moderne Unternehmer- und Arbeiterschaft von Sao Paulo und die am Rande der Gesellschaft lebenden Slumbewohner.
Auch die Spaltung der Gesellschaft in oben und unten prägt das brasilianische Leben nachhaltig. Weite Teile der Bevölkerung müssen täglich um das nackte überleben kämpfen.
Menschliche Grundrechte wie ausreichende Ernährung, medizinische Versorgung oder gar Bildung sind ihnen versagt.
Die Aufstiegschancen in einer solchen Gesellschaft extremer Gegensätze sind gering. Besonders dunkelhäutige Menschen haben kaum Möglichkeiten - außer vielleicht im Sport oder in der Musik - ihren sozialen Status zu verbessern.

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Sprache

Die offizielle Landessprache Brasiliens ist Portugiesisch. Viele Brasilianer sprechen auch Deutsch und Italienisch, insbesondere in den Städten des Südens. 

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Bildung

Seit jeher gehört das Bildungswesen zu den Stiefkindern der brasilianischen Politik : Auf 35 Millionen schätzt man die Zahl der Vollanalphabeten. Dreimal so hoch ist die Zahl jener, die nur ein paar Wörter lesen oder schreiben können.
Erschreckend , daß nur 3 von 30 Schülern in Brasilien die achtjährige Grundschule abschließen, daß 70 Prozent aller Schüler die erste Klasse mindestens einmal wiederholen müssen - und die darauffolgenden Klassen meistens auch.
Die Bedingungen an öffentlichen Schulen sind oft schlecht : So ist es keine Ausnahme, wenn in den Städten Schichtunterricht bis tief in die Nacht stattfindet, wenn in den Schulen auf dem land und am Rande der Städte mehrere Klassen in einem einzigen Raum unterrichtet werden, wenn viele Schüler aus Platzmangel stehen müssen oder auf dem Boden sitzen.
Hinzu kommt, daß gerade die Grundschullehrer miserabel bezahlt werden, und daß es schlicht an Lehrmitteln fehlt. Dies hat zu folge, daß viele Lehrer gleich mehrere Jobs übernehmen, um ihre Familie ernähren zu können.
In welchem Maße die Qualität des Unterrichts darunter leidet, ist leicht vorstellbar. Nicht zu vergessen, daß lediglich ein Drittel der Grundschullehrer überhaupt ein abgeschlossenes Studium vorweisen kann. 
Verständlich ist da, daß Eltern, die auf eine solide Schulausbildung Wert legen (und die es sich leisten können), ihre Kinder auf die teuren Privatschulen schicken - möglichst auf eine ausländische Lehranstalt in Brasilien.
 

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Religion

Brasilien ist das größte katholische Land der Welt : Rund 90 Prozent der annähernd 360 Millionen Brasilianer sind Katholiken. Soweit die offiziellen Statistik.
Doch sie trügt, denn unter dem breiten katholischen Dach ist eine Vielzahl an religiösen Strömungen versammelt, die teilweise mit Katholizismus im strengen Sinne nur am Rande zu tun hat.
Diese Varianten lassen sich jedoch einteilen in vier Grundrichtungen : Die weitgehend patriarchalische und konservative Amtskirche ; die sozialreformerisch sehr engagiert "Theologie der Befreiung" ; der magisch aufgeladene volkstümliche Katholizismus und die mit dem Katholizismus vermischte spiritistischen Sekten und afrobrasilianische Kulte

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Kultur

Die meisten Staaten haben in ihren Hauptstädten öffentliche Bibliotheken eingerichtet. In Rio de Janeiro befinden sich das Nationalarchiv (1848) mit einer umfangreichen Sammlung zur brasilianischen Geschichte, die Nationalbibliothek (1830), das Museum für moderne Kunst (1948), mit einer bedeutenden internationalen Kunstsammlung, einem Bildungswerk und einem Konzertsaal; das Nationalmuseum (1838) beherbergt mehr als 3,5 Millionen Exponate, zumeist aus den Bereichen Geologie, Botanik und Anthropologie. Das ethnologische Museum wurde 1954 in Rio de Janeiro gegründet.

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Karneval

Die Ursprünge des Karneval gehen auf römische Saturnalien ebenso zurück wie auf vorchristliche Feste zur Begrüßung des wiederkehrenden Frühlings. Nachdem die katholische Kirche im Mittelalter erfolglos versucht hatte, alle heidnischen Bräuche zu unterdrücken, wurden Elemente dieser traditionsreichen Feiern in den Karneval, die Zeit vor der christlichen Fastenperiode, übernommen. Die europäischen Länder, vor allem Frankreich, Spanien und Portugal, begingen den Karneval mit lauten und oft derben Straßenfesten. Alle drei Kolonialmächte brachten diese Tradition mit in die Neue Welt. Auch in Brasilien wurde der Karneval zuerst wie in Portugal mit Umzügen und wahren Straßenschlachten gefeiert, bei denen man sich mit Wasser, Konfetti, Eiern, Mehl und übelriechenden Dingen bewarf. Von der ausgelassenen Fröhlichkeit wollte sich bald auch die nicht-weiße Bevölkerung nicht mehr ausschließen lassen. Viele Dienstherren erlaubten ihren Sklaven, die drei tollen Tage zu feiern, und konnten fast sicher sein, daß diese die Freiheit nicht zur Flucht ausnutzen würden. Die Sklaven bemalten ihre Gesichter mit Mehl, kostümierten sich und zogen mit durch die Straßen Rios.

Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Maskenbälle in geschlossenem Rahmen veranstaltet, auf denen die gehobene Gesellschaft Batuque und Polka, Mazurka und Walzer tanzte. Innerhalb weniger Jahre waren Maskenbälle in Mode, und die Kapriolen auf den Straßen ließen nach. Ausgehend von Rio formierten sich zu Karneval Rancho- und andere Gruppen und zogen spielend und tanzend durch die Städte.

Heute feiert Rio de Janeiro den berühmtesten Karneval der Welt - mit dem Umzug der Samba-Schulen als farbenfrohem Höhepunkt. Die ersten Samba-Schulen wurden zu Beginn der zwanziger Jahre gegründet. 1944 wurde unter der Regierung Getúlio Vargas die Samba zum offiziellen Tanz des Karneval erklärt. Die Mitglieder der Samba-Schulen, die an der Parade teilnehmen, stammen zumeist aus den Favelas, den ausufernden Stadtteilen der armen Bevölkerung Rios. Jedes Jahr zu Karneval stehen die Samba-Schulen miteinander im Wettbewerb. Jeder einzelne Aspekt ihrer Präsentation wird von einer Jury begutachtet und bewertet, Kostüme, Choreographie, Gesamtbild und Qualität der Parade. Die Darbietung einer jeden Schule konzentriert sich auf ein zentrales Thema, auf eine historische Begebenheit oder Gestalt etwa, oder auf eine Geschichte oder Legende aus der brasilianischen Literatur. Die Kostüme müssen der Zeit und dem Ort des jeweiligen Motivs entsprechen und die Samba-Lieder die Geschichte wiedererzählen oder weiterentwickeln, selbst die riesigen Festwagen sind bis ins Detail auf das zentrale Thema abgestimmt.

Auch nach Salvador da Bahia strömen jährlich zur Karnevalszeit über eine Million Menschen, um ausgelassen mitzufeiern. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht der für seine Trommelgruppe berühmte Musikverein Olodum, in dem sich seit langem alles um die wöchentlichen Proben für den Umzug gedreht hat. Wer hinter einem Trio Elétrico, einem Laster mit Vierzigtausend-Watt-Verstärker, durch die Stadt zieht, wird wie in Trance von der tanzenden, spielenden und singenden Masse mitgerissen. Superstars wie Daniela Mercury und Carlinhos Brown heizen im Karneval ordentlich ein, während Formationen wie Filhos de Gandhi, dem Ruf der Trommeln und spirituellen Rhythmen aus Bahia folgen. Erst am Aschermittwoch ist der frenetische Wettkampf der "Bandas" zu Ende. Zu den bekanntesten Bandas im Nordostkarneval gehören weiterhin Ara Ketu, É o Tchan und Banda Eva.

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